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IHK Berliner Wirtschaft: Eins plus eins gleich Erfolg
1.11.2022
1.11.2022
Die Start-up-Unternehmerin Julia Gebert und der Mittelständler Christian Rücker kooperieren seit drei Jahren miteinander. Sie schätzen vor allem die direkte, schnelle und offene Kommunikation.
von Michael Gneuss
Julia Gebert, Gesch.ftsführerin des Start-ups Rysta, und Christian Rücker von Berbus Alliance, haben sich 2019 auf der Immobilienmesse Mipim kennengelernt. Die Gebäudemonitoring-Lösungen der jungen Firma interessierten den Unternehmer aus der stark diversifizierten Unternehmensgruppe. Seitdem profitieren beide im Rahmen der Weiterentwicklung von Rysta-Lösungen.
Berliner Wirtschaft: Herr Rücker, was war Ihr erster Eindruck von Rysta?
Christian Rücker: Bei der ersten Begegnung haben wir über Sensorik auf Baustellen gesprochen. Das fand ich interessant, weil ich Potenziale im Rahmen unserer Sicherheitsdienstleistungen gesehen habe.
Julia Gebert: Ja, und bei weiteren Kontakten konnte ich dann erklären, dass wir uns auf das Gebäudemonitoring in Innenräumen, insbesondere zur Überwachung des Raumklimas, fokussieren …
Rücker: ... was ich auch interessant fand. Wir haben die Lösung dann gleich in den Konferenzräumen unseres Verwaltungssitzes in Köpenick ausprobiert. Das Thema passte bei uns gerade sehr gut in die Zeit, weil wir während der Pandemie sicherstellen wollten, dass sich unsere Mitarbeiter nicht infizieren, wenn sie zu Besprechungen aus ihren Homeoffices ins Unternehmen kamen. Mit den Sensoren können wir transparent machen, dass wir uns um die Gesundheit der Mitarbeiter kümmern.
Gebert: Die Sensoren messen unter anderem den CO2-Gehalt in der Luft. Damit können unsere Kunden nachweisen, dass die Räume gut gelüftet sind. Oder aber das System schlägt Alarm, wenn die Fenster wieder geöffnet werden müssen.
Bis dahin klingt das nach einer gewöhnlichen Kunden-Lieferanten-Beziehung. Warum empfinden Sie sich als Kooperationspartner?
Gebert: Wir haben von Anfang an nicht nur gesagt, hier ist das fertige Produkt und das ist der Preis. Stattdessen haben wir intensiv über die Vorteile gesprochen, die unsere Technologie bieten kann. Daraus ist eine Beziehung entstanden, in der wir immer sehr direkt fragen können, was uns gerade in Bezug auf unsere Entwicklungen bewegt. Also: Was ist marketingseitig zu beachten? Mit welchen Argumenten können wir die Zielgruppen packen? Wie kann das Pricing aussehen? Sollten wir Varianten haben? Dabei kommt uns zugute, dass Berbus eine Unternehmensgruppe ist und Themen aus unterschiedlichen Winkeln betrachten kann.
Rücker: Für uns sind die Lösungen von Rysta aus mehreren Gründen interessant. Einmal – wie gesagt – für unsere Unternehmenszentrale. Wir haben aber auch mehrere Bildungsträger in der Gruppe, und auch in Bezug auf Sicherheitsdienstleistungen kann ich mir die Anwendung nach wie vor gut vorstellen. Wir sind nicht nur an einem einzelnen Produkt von Rysta interessiert. Wir schätzen sehr, dass wir ein innovatives Partnerunternehmen haben, mit dem wir in die Zukunft blicken können. Wir wollen wissen, was wir 2025 und danach anbieten können und womit wir einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern aufbauen können.
Gebert: Gerade der Kontakt zu Bildungsträgern ist für uns ganz wichtig. Die gehören zu unserer Kernzielgruppe. Wir haben durch Berbus Alliance einen sehr schnellen Marktzugang in diese Branche und können Prototypen und Weiterentwicklungen schon in der Praxis einsetzen, bevor alle Anleitungen und Marketing-Flyer final bereitstehen. So haben wir die Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen, bevor wir die Neuerungen unseren Bestandskunden vorstellen und auf weitere Träger von Kindergärten, Schulen oder Hochschulen zugehen.
Herr Rücker, Sie nutzen Rysta-Technologie also bei Berbus Alliance, aber auch für Produkte, die Sie an Ihre Kunden verkaufen?
Rücker: Genau. Im regelmäßigen Austausch überlegen wir immer, welchen Mehrwert wir unseren Kunden anbieten könnten. Und wir diskutieren auch über eventuelle neue Zielgruppen und Segmente. Am Ende entscheiden wir, was wir gebrauchen können und was nicht. Bei unseren Bildungsträgern haben wir den Vorteil, dass wir keine vorgefertigten Lösungen bekommen, sondern Einfluss auf Produktdetails nehmen können. Rysta bekommt Feedback von uns. Das ist wie eine Live-Marktforschung. Außerdem kann Rysta über uns Vertriebskanäle testen. Zum Beispiel haben wir einen Shop für Sicherheitsequipment.
Frau Gebert, wollen Sie auch mit großen Konzernen kooperieren, oder sind Ihnen Mittelständler lieber?
Gebert: Wir kooperieren auch mit einem großen Konzern. Der Vorteil ist, dass der Hebel sehr groß ist. Wir haben darüber guten Zugang zu Bildungsträgern bekommen. Im Mittelstand ist dafür der Kontakt zum klassischen Unternehmertum direkter, und die Entscheidungsgeschwindigkeit ist in der Regel höher.
Wenn Sie, Herr Rücker, anderen Unternehmen für Kooperationen mit Start-ups Ratschläge geben würden, welche wären das?
Rücker: Es sollte eine große Schnittmenge bei der Vision geben – sowohl in Bezug auf das Produkt als auch in Bezug auf die Zielgruppe. Das ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche operative Umsetzung der Ideen. Und es muss ersichtlich sein, dass man Vorteile aus der Kooperation ziehen kann. Dann lassen sich auch die Mitarbeiter leichter motivieren mitzumachen. Man darf nicht nur auf das Heute sehen, sondern muss auch das Potenzial und die Zieldefinition im Blick haben.
Wie wichtig ist die Einbindung der Mitarbeiter?
Rücker: Es darf bei den Mitarbeitern keine ablehnende Haltung entstehen. Man darf nicht vergessen, dass meist bei Kooperationen von Start-ups mit Mittelständlern zwei unterschiedliche Mindsets aufeinandertreffen. Mitunter werden Geschäftsmodelle entwickelt, an die vor allem Mitarbeiter, die schon lange im Unternehmen sind, von vornherein nicht glauben. Wenn neue Ideen aber von Anfang an keine Chance haben, kann man keine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Start-ups aufbauen.
Wollen Sie durch die Kooperation mit einem Start-up also auch dessen Mindset ins Unternehmen einfließen lassen?
Rücker: Ich glaube grundsätzlich, dass jedes Unternehmen und jedes Geschäft sich in einem permanenten Wandel befinden müssen. Auf Dauer kann sich aber eine gewisse Trägheit einstellen, die dafür sorgt, dass man neue Ideen nicht mehr so gern annimmt. Deshalb muss ich als Unternehmer permanent neue Ideen platzieren, damit die Organisation beweglich bleibt und sich auf veränderte Marktanforderungen immer wieder einstellen kann. So bleiben wir frisch im Kopf und werden immer eine Spur innovativer sein. Andernfalls gewinnt die Trägheit.
Hatten Sie auch schon zu anderen Start-ups Kontakt?
Rücker: Ja, der Kontakt zu jungen Firmen ist uns wichtig. Man darf die nächste Generation nicht aus den Augen verlieren. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass der Mindset entscheidend ist. Gut ist immer, wenn das Start-up einen anderen Blickwinkel einbringt. Es geht nicht nur um das Geschäftsmodell. Wir sind auch interessiert an anderen Denkweisen, an der Wortwahl, an den Grundstrukturen. Und spannend ist auch immer wieder nicht nur, wie ein Geschäft gesehen wird, sondern was überhaupt als Geschäft gesehen wird.
Frau Gebert, welche Ratschläge würden Sie Start-ups geben?
Gebert: Wichtig ist, dass man immer offen und ehrlich und auf Augenhöhe miteinander kommuniziert. Ich würde davon abraten, im Rahmen der Kooperation mit der weitverbreiteten Mentalität nach dem Motto „fake it till you make it“ aufzutreten. Oft täuschen junge Unternehmen ja darüber hinweg, wie weit sie sind, und versprechen mehr, als sie zu dem jeweiligen Zeitpunkt leisten können. Man sollte aber ehrlich zum Kooperationspartner sein und die letzten Schritte in iterativen Prozessen gemeinsam gehen. Als zweiten Punkt würde ich die Fokussierung auf das eigene Business nennen.
Was genau meinen Sie damit?
Gebert: Es besteht die Gefahr, dass Start-ups zu stark auf die individuellen Wünsche von sehr guten Kooperationspartnern eingehen. Oft werden im Rahmen der Partnerschaft viele Ideen und Pläne entwickelt. Vieles davon müssen Start-up-Gründer auch abbremsen. Es muss immer die Frage im Fokus bleiben: Was wollen wir? Nur wenn eine Idee auch für 90 bis 95 Prozent unserer Kunden relevant ist und mit unserer Vision in Einklang steht, ist es für uns auch sinnvoll, sie umzusetzen. Also: Augenhöhe, Transparenz und sehr genaues Validieren des Feedbacks– darauf kommt es an.
Und worauf wollen Sie Ihren Fokus richten?
Gebert: Vordergründig liefern wir Sensorik für Innenräume, aber genau genommen liegt der Mehrwert in der Datenanalyse zum Raumklima. Der übergreifende Gedanke ist also Data Analytics. Wir erfassen neben dem CO2-Wert Parameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Lautstärke und Helligkeit im gesamten Gebäude. Daraus können wir wertvolle Informationen zum Ist- und Sollzustand gewinnen.
Zum Beispiel, um in Schulklassen vor schlechter Luft und damit Virengefahr zu warnen. Jetzt beschäftigen Sie sich auch mit dem Thema Schimmelprävention. Wie ist es zu diesem Schritt gekommen?
Gebert: Das Konzept ist, für so viel frische Luft in den Klassenräumen zu sorgen, dass niemand Luft einatmet, die ein anderer schon – potenziell virenbehaftet – ausgeatmet hat. Wenn der CO2-Wert eine Schwelle erreicht, bei der das nicht mehr gegeben ist, schlägt unser System Alarm, und es muss wieder gelüftet werden. Wir sagen aber auch, wann man die Fenster wieder schließen kann. Das ist bei den hohen Energiepreisen heute sehr wichtig. Im vergangenen Jahr hat man oft bei offenen Fenstern die Heizung laufen lassen. Wenn jetzt weniger geheizt wird, wächst aber die Schimmelgefahr. Prävention dafür können wir mit unseren Sensoren und Algorithmen bieten.
Raumklima- und Gebäudemonitoring für Kindergarten, Schule und Hochschule.